Gegen das Vergessen: Zeitzeug*innen zuhören, Zweitzeug*innen werden – und das international
02.10.2024
Der Verein Zweitzeugen, Mitgliedsorganisation im Paritätischen NRW, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichten von Zeitzeug*innen des Nationalismus nicht verstummen zu lassen. Er befähigt und ermutigt junge Menschen dazu, diese Geschichten als sogenannte „Zweitzeug*innen“ weiterzutragen – seit vielen Jahren in Schulen und Ausstellungen und nun auch international. Dazu kooperiert der Verein in dem Projekt „Never Forget: Transnationale Zweitzeugen-Bildungsdialoge gegen Antisemitismus“ mit dem New Yorker Museum of Jewish Heritage.
Stark machen gegen Antisemitismus
Ziel des Projekts ist es, die jungen Teilnehmenden gegen Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit stark zu machen. Sie werden für ein internationales Geschichtsbewusstsein und die Bedeutung heutiger Demokratien gestärkt. Für die Projektpartner*innen ist der Zugang zu persönlichen Geschichten dabei essenziell. Ruth-Anne Damm, Co-Gründerin, Geschäftsführung und Vorständin des Vereins Zweitzeugen: „Bald werden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Holocaust selbst nicht mehr von ihren Erfahrungen berichten können, gleichzeitig nimmt Antisemitismus in unserer Gesellschaft zu. Dass beim ‚Never Forget‘-Projekt Jugendliche aus Deutschland und den USA die Chance haben, miteinander und mit Überlebenden online zu sprechen, ist sehr besonders. Wir merken immer wieder, dass der Zugang über persönliche Geschichten wirkt – gegen das Vergessen und Holocaustrelativierung.“ Jack Kliger, Präsident des Museum of Jewish Heritage, ergänzt: „Als Museum haben wir uns der Bildungs- und der Erinnerungsarbeit verschrieben. Wir sind geehrt, mit dem Verein Zweitzeugen zusammenzuarbeiten, um deutsche Schülerinnen und Schüler an die unschätzbar wertvollen Zeugnisse der Überlebenden des Holocausts heranzuführen. Wer den Überlebenden zuhört, wird im wahrsten Sinne ein Zweitzeuge und dazu angeregt, seine Stimme gegen Intoleranz in all ihren Formen zu erheben.“
Gespräche mit intensiver Vor- und Nachbereitung
Im Rahmen des Projekts erzählen die Zeitzeug*innen Lisa Baer und Norbert Strauss aus den USA und Dr. Leon Weintraub und Eva Weyl aus Europa in digitalen Treffen ihre (Über-)Lebensgeschichten und beantworten Fragen der teilnehmenden Jugendlichen. Diese kommen aus Essen, Olfen, New York, Indiana und Wisconsin. In einem digitalen Workshop bereiten sie sich vorab auf die Zeitzeug*innen-Gespräche vor, erhalten wichtige Hintergrundinformationen zu den Geschichten der Zeitzeug*innen und zu Themen wie Antisemitismus, Holocaust sowie zu Fluchtbewegungen im „Dritten Reich“. Nach den Gesprächen werden die Jugendlichen dann als Zweitzeug*innen aktiv und gestalten kreative Produkte zu den Biographien der Zeitzeug*innen und damit verbundenen Themen. In internationalen Online-Dialogen sprechen sie anschließend mit anderen jungen Menschen über die Erinnerungskultur der Zukunft und wie sie es möglich machen möchten, dem Titel des Projektes gerecht zu werden – die Geschichten von Holocaustüberlebenden niemals zu vergessen.
Anstoß durch Ministerin
Das Projekt „Never Forget: Transnationale Zweitzeugen-Bildungsdialoge gegen Antisemitismus“ wird vom NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft gefördert. Ministerin Ina Brandes hatte bei ihrer New York-Reise im März 2023 den Austausch zwischen mit Vertreter*innen des Vereins Zweitzeugen und des Museum of Jewish Heritage angestoßen.