Schulstart in NRW: Nicht alle Kinder dürfen hin
Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung haben Rechte auf Schutz, Bildung und Teilhabe. Der Paritätische NRW kritisiert Unterbringung in menschenunwürdigen Sammelunterkünften.
Wuppertal, 20. August 2024
„Freunde treffen und gemeinsam lernen: Das neue Schuljahr geht los. Doch bei Kindern gilt eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in NRW“, kritisiert Christian Woltering, Vorstand des Paritätischen NRW. Obwohl sie im schulpflichtigen Alter sind, dürfen geflüchtete Kinder und Jugendliche, die in Sammelunterkünften des Landes NRW untergebracht sind, nicht zur Schule gehen. Auch der Besuch von Kindertageseinrichtungen wird ihnen verwehrt. „Stattdessen sind sie über eine lange Zeit zum Nichtstun unter menschenunwürdigen Bedingungen verdonnert. Bildung und Schutz werden ihnen systematisch verwehrt. Das können und sollten wir nicht länger hinnehmen“, so Woltering.
Mehr als 3.500 Kinder und Jugendliche sind in Sammelunterkünften des Landes NRW untergebracht. Isoliert von der Außenwelt können einzelne von ihnen Ersatzangebote schulischer Bildung in den Unterkünften besuchen, aber selbst das ist längst nicht überall gewährleistet. Nach einer teilweise gefährlichen Flucht verharren sie über Monate zusammen mit hunderten von Menschen auf engem Raum: ohne Privatsphäre, ohne umfassende Gesundheitsversorgung, unter teils schlechten hygienischen Bedingungen und als Zeug*innen oder sogar Betroffene von Konflikten und Gewalt. „Sammelunterkünfte sind keine Orte für Kinder! Seit Jahren weisen wir und viele andere Organisationen wie UNICEF vergeblich darauf hin. Verbriefte Rechte aus der UN-Kinderrechtskonvention gelten für alle Kinder - unabhängig von ihrer Herkunft“, so Woltering.
Während NRW mit seinem Landeskinderschutzgesetz bundesweit beispiellos hohe Standards schafft und die Rechte von Kindern und ihre Beteiligung zur Basis eines wirksamen Kinderschutzes macht, sind junge Menschen in Landesunterkünften weitestgehend ungeschützt und ungehört den Risiken einer langfristigen Sammelunterbringung ausgesetzt. Der rasante Ausbau des Aufnahmesystems seit 2022 verschärft die Situation und oft werden nicht einmal grundlegende Maßnahmen des Landesgewaltschutzkonzeptes eingehalten. Woltering appelliert an die Landesregierung: „Fassen Sie Mut für diesen Meilenstein: Geflüchtete Kinder und Jugendliche haben das Recht auf ein Aufwachsen unter förderlichen Bedingungen und den schnellstmöglichen Zugang zu Bildung. Begrenzen Sie, so wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, die Dauer der Unterbringung von Familien in Sammelunterkünften auf ein absolutes Minimum und priorisieren Sie eine dezentrale Unterbringung.“